Arthur Feiner, ein Porträt, nachgezeichnet aus seinen Briefen

Tiefe Verbundenheit

Kategorie: Arthur Feiner


Arthur Feiner hat die Erinnerungsarbeit des Wittlicher Arbeitskreises „Jüdische Gemeinde Wittlich“ seit 1988 intensiv begleitet, angeregt und auch finanziell unterstützt. Umso bedauerlicher war es, dass gerade er im Mai 1991 nicht am Besuchsprogramm der ehemaligen Wittlicher Juden teilnehmen konnte. Seine zahlreichen Briefe nach Wittlich, die hier in Auszügen und nur knapp kommentiert mitgeteilt werden, sind beeindruckende Zeugnisse und lassen erkennen, wie sehr dieser Mann sich mit Wittlich verbunden fühlte. „Als ich 1966 nach Deutschland fuhr, war dies nicht zur Erholung, sondern ein Reinigungsversuch von dem nagenden Gefühl des Heimwehs“, schreibt er und fährt fort: „Denn schließlich, deutsch ist unsere Muttersprache, unsere Kultur, unsere Erziehung und unsere Erinnerung. Und das konnten auch verwirrte Ideologien nicht ändern.“ Für Rainer Maria Rilke konnte sich bereits der Schüler Arthur begeistern; sein unmittelbar nach der Rückkehr in Colorado verfasstes und dem Brief vom Februar 1989 beigefügtes Gedicht lässt ein gutes Gespür für lyrische Form erkennen; es verdient aber auch wegen des Inhaltes hier vollständig wiedergegeben zu werden.


Für die Schuldigen Unschuldigen

Wäre die Zeit nicht gewandert
du
rch das Grauen,
dann wäre die Erde mir nah geblieben.

Wären die Augen nicht geflohen
vor dem Leid des Bruders,
dann wären die Herzen nicht verdorrt.

Hätten die Ohren sich nicht berauscht
am Gift der Zunge,
dann läge Gottes Haus nicht wüst.

Wäre die Stimme nicht verstummt,
dann wäre das Gestern hell.

Seinen einzigen, nur wenige Stunden dauernden Besuch in Wittlich nach 1945 kommentiert er: „Es war bedrückend. Jedes Haus hatte früher einen gewohnten Charakter und Inhalt, jedes Gesicht hatte einen Namen. Jetzt waren neue Namen an den Geschäften und die Menschen waren nicht bekannt. Ich war ein Fremder in der Welt meiner Jugend.“
Vergleichbare Sätze finden sich in vielen Briefen ehemaliger Wittlicher Juden, die – oft bewusst ihre Anonymität wahrend – ihre alte Heimatstadt vor den 80er Jahren besucht hatten.


Franz-Josef Schmit

Erstveröffentlichung: Jahrbuch des Kreises Bernkastel-Wittlich 2010, S. 301 – 304.