"Stimmen aus dem Publikum“

Hauptkategorie: GeDenkarbeit Kategorie: Mahnwache

Matthias Joseph Mehs:

"...Ein junger Bursche, der sah, wie die Judenschule zerstört wurde, meinte – er ist sicher kein Judenfreund – das sei nicht das Richtige, alles kaputtzuschlagen und die Leute leben zu lassen. Besser wäre es, die Juden einfach alle zu erschießen und die Sachen ganz zu lassen (Der Junge meint es ehrlich. Aber diese Ehrlichkeit und Kühnheit hat man oben nicht.).

Eine fromme Frau, entsetzt über die Zerstörung, meinte, es wäre doch besser, alles zu beschlagnahmen, zu versteigern und den Erlös dem Winterhilfswerk zuzuführen. Echt christliche Scheinheiligkeit und Heuchlerei.

Ein Dritter, Rieping, schüttelt auch den Kopf: So eine Torheit, meinte er, jetzt müssen die Juden doch alle weg, hier können sie sich nicht mehr aufhalten, und dann haben wir gar keine Repressalien mehr. Bravo! Aber die Leute, die an die feige Vernichtung dachten, dachten auch an Repressalien..."


Auch in Wittlich haben der katholische und evangelische Pfarrer zu den Pogromvorgängen vom 10. November 1938 in der Stadt geschwiegen.
Zum Verhalten der Wittlicher Bevölkerung, sofern sie nicht als Pogromtäter in Erscheinung getreten sind, hat Matthias Joseph Mehs in seinem Tagebuch „Stimmen aus dem Publikum“ festgehalten.

Tagebücher, Joseph Matthias Mehs, November 1929 bis September 1946. Hrsg. v. Günter Wein und Franziska Wein, Trier 2011, Kliomedia Verlag