Stadtentwicklung

Kategorie: Geschichte

 und die Niederlassung von Juden

Schon zu römischer Zeit haben sich wohl Juden in Trier aufgehalten. Darauf weist eine kleine Öllampe mit einem siebenarmigen Leuchter hin, auch wenn es aus dieser Zeit keine Urkunden gibt. Urkundlich erwähnt sind die Juden in Trier im 11. Jahrhundert. In der Mitte des 13. Jahrhunderts werden in einer Urkunde drei gefangene Juden aus der Region erwähnt, nämlich Heilmann und Hecklin von Cochem sowie Aaron von Cröv.1 Am Ende des 13. Jahrhunderts kam es zu Verfolgungen an Rhein und Mosel; u.a. waren die Gemeinden in Cochem, Traben-Trarbach und Bernkastel betroffen, die also zu dieser Zeit schon existiert haben müssen. Aber gleichzeitig nahm bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts die Zahl der jüdischen Ansiedlungen in Deutschland stark zu, auch aufgrund von Vertreibungen aus England und Frankreich.2

Im Jahre 1300 bekam Wittlich die Stadtrechte verliehen.3 Etwa um die gleiche Zeit werden sich auch die ersten Juden in der Stadt angesiedelt haben. Denn beides, die Ansiedlung von Juden und die Entwicklung hin zu städtischen Strukturen, ging nicht nur in Wittlich Hand in Hand. Obwohl die erste Urkunde, in der Juden in der Stadt belegt sind, aus dem Jahr 1309 stammt, ist von einer etwas früheren Ansiedlung auszugehen: „Dafür spricht die städtische Qualität der Siedlung mit eigenem Stadtsiegel, der mit Hilfe der Himmeroder Mönche vorangetriebene Mauerbau seit Anfang des 14. Jahrhunderts, der schon zu Beginn des 13. Jahrhunderts bezeugte Markt und Zoll und die im Stadtrechtsprivileg von 1300 geplante Markthalle. Dafür spricht aber auch die in den Urkunden faßbare gewerbliche Differenzierung und vor allem die Anlage des – modern gesprochen – ‚Gewerbegebiets‘ an der Lieser mit Mühlen und spezialisierten Mahlwerken wir Walkmühlen zur Herstellung von Tuchen, dem Exportschlager des Mittelalters. Zu erinnern ist an die Verkehrslage und an die administrative Funktion der Stadt, die sie in eigenartiger Symbiose mit der Neuerburg früh aus dem Umland hervorhob. Von hier aus ist es nur ein Schritt, auch die bürgerlichen Finanziers in der Stadt, den Kawertschen und die Juden als ‚Bankiers des Mittelalters‘ und damit als wichtige Indikatoren für die zentrale Rolle der weit in das Umland ausgreifenden städtischen Siedlung heranzuziehen.“4

Urkunde 04 04 1309 Erwähnung Moyset de Wythlich LHAKo Bst 96 Nr 584 500

Der erste Jude in Wittlich, der namentlich bekannt ist, war Moyset (Moses); er wird in einer Urkunde von 1309 erwähnt. Der Pfarrer Richard von Großlittgen bekennt dort in seinem Testament, dass er dem Moyset von Wittlich 6 Trierer Solidi schuldig ist.5 Burgard geht aufgrund der Tatsache, dass der bekannte Erzbischof und Kurfürst Balduin von Luxemburg erst 1307/ 08 an die Macht kam, davon aus, dass Moses – oder auch weitere Juden - schon vor dieser Zeit in Wittlich ansässig waren: „Wittlich ist also zu den Orten hinzuzurechnen, die mit großer Wahrscheinlichkeit schon vor der Zeit Erzbischof Balduins jüdische Einwohner hatten.“6 Balduin war aber sicher der Erzbischof, der die Ansiedlung von Juden in besonderer Weise förderte, vor allem, um seinen Einfluss in seinem Territorium und die Stadtentwicklung zu verbessern. 

 

Wittlich Kurfürst Balduin wiki 500Woher die Juden ins Erzstift kamen, ist nicht immer klar. Es ist aber stark zu vermuten, dass einige aus dem französischen Raum kamen. Dies wird bestätigt durch hebräische Handschriftenfragmente, die im Kloster Klausen aufbewahrt und inzwischen gründlich untersucht wurden. Wahrscheinlich handelt es sich bei den rekonstruierbaren Klausener Texten um Gebete und Vorschriftensammlungen für Kohanim, die offenkundig allesamt aus Nordfrankreich stammen. … Man wird also nicht fehlgehen, die Herkunft der Wittlicher Juden in Nordfrankreich zu vermuten, zumal, wenn man die weiteren historischen Umstände mitbedenkt.“7 Die Handschriftenfragmente könnten dann nach der Vertreibung der Juden aus dem Erzstift Trier 1418 nach Klausen gelangt sein. 

 

 

 


Einbandfragment Kloster Klausen Stadtbib Trier 5001 Juden in Trier. Katalog einer Ausstellung von Stadtarchiv und Stadtbibliothek Trier März – November 1988, bearb. von Reiner Nolden, Trier 1988, S. 38.

2 Alfred Haverkamp, Erzbischof Balduin und die Juden, in: Johannes Mötsch/ Franz-Josef Heyen (Hrsg.), Balduin von Luxemburg, Erzbischof von Trier – Kurfürst des Reiches. Festschrift aus Anlass des 700. Geburtsjahres, Mainz 1985, S. 437-483; hier: S. 445f.

3 Kortenkamp, Gottfried, Die Urkunden der Stadt Wittlich und ihres Umlandes vom 10. Jahrhundert bis zum Stadtbrand im Jahre 1569, hrsg. von der Stadt Wittlich, Trier 2016, S. 112f.

4 Burgard, Friedhelm, Die Wittlicher Juden im Mittelalter, in: „Das Wichtigste ist der Mensch“. Festschrift für Klaus Gerteis zum 60. Geburtstag, Mainz 2000, S. 309-331; hier: S. 320.  

5 Kortenkamp (wie Anm. 3), S. 138.

6 Burgard (wie Anm. 4), S. 319.

7 René Richtscheid, 700 Jahre Juden in Wittlich, in: Kreisjahrbuch Bernkastel-Wittlich 2010, S. 144-146; hier: S. 145. Siehe auch:  Ders., Dokumentation zur Geschichte der ersten jüdischen Niederlassung in Wittlich, in: Unsere Archive. Mitteilungen aus den Rheinland-Pfälzischen und Saarländischen Archiven, hrsg. von der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz und dem Landesarchiv Saarbrücken, Nr. 56 (2011), S. 34 – 37. (Online verfügbar)