Die Archenholds

Die tapfere Schneiderin: Regine Archenhold

Kategorie: Archenhold

Verhaftung durch die Gestapo 1935

Weil ihr Vater nach Wittlich versetzt wurde, kam Regine Hermkens 1910 hierher, besuchte die Volksschule und Höhere Töchterschule und erlernte das Schneiderhandwerk. Bereits im Jahre 1922 besaß sie in den Räumen ihrer Wohnung in der Lieserstraße ein kleines Atelier, in dem sie vier Angestellte beschäftigte. Nachdem sie 1930 in Köln die Meisterprüfung abgelegt hatte, bildete sie auch aus und für viele Wittlicher Frauen war sie eine erste Adresse.
Nach der Entlassung ihres Verlobten lockte die Gestapo Trier sie in eine Falle. Sie kommt der Aufforderung nach, sich zu melden, und wird – trotz klarer Versicherungen seitens der Beamten – für fast vier Wochen inhaftiert. Nach ihrer Freilassung im September 1935 kehrt sie für kurze Zeit nach Wittlich zu ihrer Mutter zurück, um ein in der Haft zugezogenes Blasenleiden auszukurieren.
„Tagsüber wagte ich kaum aus dem Hause zu gehen, da ich mich nicht den Anpöbelungen und Bedrohungen aussetzen wollte. Ich fühlte mich geradezu für vogelfrei, da in Wittlich zu dieser Zeit der übelste Pöbel regierte“,

schrieb sie nach dem Krieg. Ihre Wohnung war gekündigt und die Arbeitserlaubnis hatten die Nazis ihr entzogen. Das Angebot, zur „Wiedergutmachung“ ein NS-Schulungslager zu besuchen, lehnt sie kategorisch ab und flüchtet zunächst zu auswärts wohnenden Geschwistern. In einer eidesstattlichen Erklärung von 1957 schreibt sie: „Abgesehen von der Existenzfrage wurde ich die Angst nicht los, wieder verhaftet zu werden.“ Mit Hilfe einer Freundin kann Regina nach Heerlen in Holland flüchten. Die jüdische Familie Wolff in Wittlich, ehemals Betreiber eines Schuhgeschäftes am Marktplatz, sorgt dafür, dass Regina Hermkens Nähmaschine und Kleider nach Haifa transportiert werden.

Bis zuletzt – eine starke Frau an seiner Seite
Im November 1937 kam sie in Palästina an und trifft wieder Dr. Archenhold, der seine tapfere Regine am 6. Januar 1938 heiratet. Sie ist es, die das Paar über Wasser halten kann, zumal sie im neuen Exilland USA ab Januar 1949 eine gefragte Fachkraft ist und wöchentlich bis zu 400 Dollar verdienen kann, wie sie später in Wittlich Hedwig Dostert, ihrer letzten Wohnungsnachbarin in der Händelstraße 46, berichtete. Bei ihrer Ankunft in den USA musste Regine Archenhold zunächst einmal hinnehmen, dass sie als „feindliche Ausländerin“ für sieben Wochen inhaftiert wurde.
Ihren Mann überlebt Regina Archenhold noch um zwölf Jahre. Seit 1960 lebten die Archenholds in München. Dem testamentarisch verfügten Wunsch ihres Mannes, auf dem jüdischen Friedhof Wittlichs bestattet zu werden, wollte die Ehefrau nicht nachkommen, da ihr dieser Friedhof Anfang der 70er Jahre zu wenig ansehnlich erschien. Ihre letzte Ruhe fand die charakterstarke Frau in der Burgstraße neben ihrem Mann. Die Grabplatte hatte sie noch selbst bei dem Wittlicher Bildhauerei dell ´ Antonio in Auftrag gegeben.


Erstveröffentlichung: Trierischer Volksfreund vom 23. August 2012.

Lit:
Näheres zu Regine Hermkens und ihrer Mutter in der NS-Zeit in:

F.J. Schmit: Vertriebene sind wir, Verbannte.
Porträts fünf deutsch-jüdischer Juristen aus Wittlich. Trier 2015, S. 30 – 32.