Die jüdische Schule in Wittlich

Schulbuchauszug 1200

Die Anfänge

Kategorie: jüdische Schule

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...von der französischen Zeit bis 1858

Über die Ausbildung der jüdischen Kinder, die seit der Mitte des 17. Jahrhunderts in Wittlich lebten, ist nichts bekannt. Traditionell legten Juden aber immer Wert auf eine gute Bildung, vor allem der Jungen. Dies zeigte sich im Jahre 1808.

Auf Grund eines napoleonischen Gesetzes mussten die Juden feste Familiennamen annehmen. Hier waren die meisten Männer in der Lage, in deutscher Sprache zu unterzeichnen, während dies bei den Frauen nicht der Fall war. Daneben spielte sicherlich die Ausbildung im Hebräischen als der Sprache für den Gottesdienst eine besondere Rolle.

Mit der Gleichstellung als Staatsbürger in der französischen Zeit stand den Juden auch das Recht zu, die Kinder in eine dem Staat unterstellte Schule zu schicken. In der Praxis änderten sich die Verhältnisse aber nicht so schnell, so dass die Primarschulen ihren konfessionellen Charakter weitgehend beibehielten. Im Jahre 1808 gab es siebzehn schulfähige Kinder in Wittlich. Einige von ihnen besuchte sicher die Primärschule.

In der preußischen Zeit ab 1815 war die Schule eine Konfessionsschule. Es bestand ab 1816 Schulpflicht, die jüdischen Kinder mussten also die örtlichen Schulen besuchen. Dies führte zur Unzufriedenheit der jüdischen Eltern. Ein Gesetz von 1828 gab den Eltern die Möglichkeit, den verpflichtenden Elementarunterricht auch durch einen jüdischen Hauslehrer oder eine eigene private Elementar- und Religionsschule durchzuführen, die aber unter der Aufsicht des Staates standen.

Diese Möglichkeit ergriffen die jüdischen Eltern in Wittlich und konnten für drei Jahre, von 1826-1828, Nathan Isaac aus Greiffenhagen in Pommern als jüdischen Elementar- und Religionslehrer, aber auch als Vorsänger und Schächter einstellen. Danach ließen die finanziellen Mittel dies nicht mehr zu, so dass die jüdischen Kinder bis 1858 die preußische Niedere Schule besuchten. Den Religionsunterricht übernahmen verschiedene Lehrer und dazu geeignete Persönlichkeiten aus der Gemeinde. Da die Schule zu dieser Zeit ganztägig stattfand, blieben dafür nur die Abendstunden bzw. der Sonntag, was für die jüdischen Kinder sehr belastend war.

Dr. Marianne Bühler


Qu.: Maria Wein-Mehs, Juden in Wittlich 1808-1942, Wittlich 1996, S. 126-194.

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 Vertrag zwischen der jüdischen Gemeinde Wittlich und dem Lehrer Nathan Isaac vom 29. Januar 1826


„Unter dem heutigen Datum ist ein Acord getroffen worden und niedergeschrieben zwischen der Jüdischen Gemeinde von Wittlich, und Nathan Isaac, gebürtig von Greiffenhagen. Der gemelte Isaac verbindet sich bey der Gemeinde als Vorsänger in der Synagoge zu seyen und den gehörigen Dienste zu leisten ausgenommen ans Neue Jahrs und Versöhn Fest muß die gemeinde ihn ein Beistand geben. Zweitens muß der gemelte Isaac auch mit die Kinder Lehrne nach dem Mosaischen Religion laut Concession der Kgl. Reg. Daher verspricht die Gemeinde an Isaac jährlich zu zahlen vor dem Dienste in der Syn. Dreißig sehr Rth Kurand und von jedem Kind jährlich vier Rth. curant. Anbei wird von der Gemeinde an Isaac versprochen das Schlachten sowohl in Wittlich wie auch eine Stunde in der Runde von Wittlich, aber die Kinderlehre dirfet dadurch nicht versäumt werden, und der Isaac bekommt vom Schlachten wie gebräuchlich. Übrigens muß Isaac auch von diesem gemelten Gehalt das Hauszins und sein Holtz wo er braucht bezahlen. Und die oben gemelte Summa verspricht die Gemeinde an Isaac zu zahlen in ein 12tel nehmlich alle Monath. Diese Acord nehmet sein Anfangen Purim 5586 und dauret bis Purim 5589. Solte die Gemeinde dann nicht mehr zufrieden sein, so muß sie an Isaac vier Monath vorher kündigen, und wen Isaac nicht länger bleiben wil so muß er sechs Wochen vorher an der Gemeinde kündigen und jede Partie muß die Müntliche Aufkündigung zu frieden seyn. Welcher Acord ist nach öffentl. Vorlesung von beiden Partien unterschrieben wurden un in Dublo ausgefertigt zu Wittlich an Sontage ein und zwangzig tage des Monats Shebat 5586 oder den 29ten Januar 1826 gezeichnet Lazarus Stulz, Jacob Jüdel im nahmen der ganzen Gemeinde.

Isaac Ermann, Salomon Ermann, Salomon Dublon, Joseph Dublon, Nathan Isaac.


Quelle: Landeshauptarchiv Koblenz, Best. 442, Nr. 13 664, Bl. 7-8 (dort in hebr. Schrift und mit Abschrift von Nathan Isaac).

Autor


Dr. Marianne Bühler, 2019

Qu.: Angaben bei dem jeweiligen Kapiteln