Hermann und Ida Berman-Loeb

Auf Spurensuche in Wittlich

Kategorie: Berman Hermann

Es war ein besonderer Tag ihrer Europareise: Manny Berman und seine Ehefrau Karen aus Portland (Bundesstaat Oregon) nutzten einen Zwischenstopp ihrer Flusskreuzfahrt von Prag nach Trier zur Spurensuche nach den jüdischen Vorfahren in Wittlich. Dabei wurden sie von Monika Metzen-Wahl und Klaus Wahl vom Emil-Frank-Institut sachkundig begleitet.

Ehepaar Bermann mit Frau Metzen Wahl 800Vorfahren kamen von der Mosel nach Wittlich

Ein bewegender Moment war für den ehemaligen Krankenhausmanager Manny Berman, als er auf den Gräbern seiner Ur-Ur-Großeltern Bermann Bermann und dessen Ehefrau Theresia sowie seiner Urgroßeltern Samuel und Adelheid Bermann nach altem jüdischen Brauch kleine Steine legte. Die Bermanns hatten sich schon Mitte des 19. Jahrhunderts in Wittlich als Viehhändler und Metzger niedergelassen. Diese Berufe übte auch Manny Großvater Hermann Bermann aus. Er und seine aus Sötern stammende Frau Ida besaßen in der Neustraße ein eigenes Haus mit Stallungen. Zusammen mit ihrem einzigen Sohn Siegfried war es dem Paar 1936 gelungen, in die USA zu flüchten, während etliche Angehörige der Familie Bermann dem Holocaust zum Opfer fielen – so auch Babette Bermann, die in Wittlich die Synagoge reinigte und als eine der letzten Wittlicher Jüdinnen im Alter von 82 Jahren im Juli 1942 zunächst nach Theresienstadt deportiert und später in Treblinka ermordet wurde.

Manny Bermans Großvater Hermann verdiente in Little Rock (Arkansas) sein Geld als selbständiger Fuhrunternehmer. Der Sohn Siegfried, 1923 in Wittlich geboren, heiratete in den USA die aus Litauen stammende Estelle Rose. Das Paar bekam drei Kinder: die Söhne Manny (1951) und Steven (1954) sowie die Tochter Sandy, die als Bibliothekarin in Kansas arbeitet.

Der Vater: Ein „Ritchie Boy“

Siegfried Bermanns Geschichte lässt einiges von den Absurditäten des letzten Jahrhunderts erkennen. Im Alter von 20 Jahren wird er wie viele andere vor dem Naziterror aus Europa geflohene Juden zur US-Armee eingezogen. So richtig traut man diesen „Europäern“ jedoch nicht – sie gelten als Sicherheitsrisiko und „feindliche Ausländer“, Siegfried Bermann als Ritchie Boy 1943 800die am ehesten als Truppenköche oder Sanitäter in der Truppe zu verwenden seien. Siegfried kommt jedoch 1943 zu einer Spezialeinheit, weil die US-Militärs mit Blick auf eine Invasion in Nazi-Deutschland daran interessiert waren, europäische Juden als Spezialisten für Gegenpropaganda und Feindaufklärung einzusetzen. Nicht wenige in US-Gefangenschaft geratene Wehrmachtssoldaten waren verblüfft, wenn sie von einem meist gleichaltrigen US-Soldaten in akzentfreiem Deutsch vernommen wurden. Im Camp Ritchie bei Washington entstand ein Ausbildungszentrum, das bis zur Invasion im Juni 1944 rund 19.000 Männer durchlaufen – über 80 Prozent waren keine amerikanischen Staatsbürger, ein Großteil von ihnen waren Juden aus den von den Nazis besetzten Ländern Europas, darunter viele deutsche Juden. So kam Siegfried Bermann als „Ritchie Boy“ nach Frankreich, wo er eine Cousine traf – ob Siegfried auch in der alten Heimat war, kann der Enkel Manny leider nicht sicher sagen. Bis zum Tod seines Vaters 1982 hat er sich weniger für die Familiengeschichte interessiert, und es blieben auch nur wenige Fotos und Dokumente erhalten.

Nach seiner Rückkehr aus Europa studierte Siegfried an der University of Missouri, wo er auch seine Frau Estelle kennen lernte. Später betrieb das Paar ein kleines Kaufhaus.

Eindrucksvolle Erinnerungsarbeit

Das Ehepaar Berman zeigte sich überrascht, wie fundiert und vielseitig in Wittlich an die frühere jüdische Gemeinde erinnert wird und dass die Orte des Gedenkens viel von diesem Teil der Wittlicher Geschichte erzählen können. Wenn den Nachkommen Wittlicher Juden zudem bislang unklare Zusammenhänge der Familiengeschichte erschlossen und auch entsprechende Dokumente überlassen werden können, so ist das ein großes Verdienst der jahrzehntelangen Forschungs- und Erinnerungsarbeit, die im Emil-Frank-Institut und auf ehrenamtlicher Basis nach wie vor betrieben wird.


Franz-Josef Schmit

Hinweise:

  • die Bermanns schrieben sich in den USA mit einem „n“_ also Berman
  • der Ur-Ur-Großvater hieß in der Tat Bermann Bermann