Joseph Feiner - ein Wittlicher Lehrer in Hamburg

Ich will Lehrer werden

Kategorie: Joseph Feiner

Im November 1911 feierten die Eheleute Simon und Karoline Feiner unter großer Anteilnahme der Bevölkerung, wie das Wittlicher Kreisblatt berichtete, „das seltene Fest der goldenen Hochzeit“. Die Nachbarhäuser in der Schloßstraße 6 waren geflaggt und der damalige Lehrer und Kantor der jüdischen Gemeinde, Julius Kann, überreichte im Rahmen einer Feier in der Synagoge dem Jubelpaar „die Ehe-Jubiläums-Medaille im Auftrag der Stadt“. Ein Jahr zuvor hatte man in Wittlich die Einweihung der neuen Synagoge in der Himmeroderstraße groß gefeiert – ein Ereignis, an dem auch Wittlicher Christen lebhaft Anteil genommen hatten.

Der älteste Sohn des Jubelpaares, Joseph Feiner, lebte zu diesem Zeitpunkt schon fast zwanzig Jahre in Hamburg, während seine fünf jüngeren Brüder und die Schwester Johanna in Wittlich geblieben waren und als Metzger, Händler und kleine Handwerker ihren Lebensunterhalt verdienten. Die Aaronidenfamilie Feiner ist in Wittlich seit Ende des 18. Jahrhunderts nachweisbar und gehörte damit zu den ältesten Familien der Stadt.

Joseph Feiner wurde am 14.10.1863 geboren und besuchte die Jüdische Volksschule in der Karrstaße. 1875 wechselte er zur „Höheren Stadtschule“, die in Wittlich „Studentenschul“ genannt wurde. Diese katholisch ausgerichtete Schule hatte seit ihrer Gründung im Jahr 1861 bis zu ihrer Schließung 1937 mit knapp zehn Prozent einen hohen jüdischen Schüleranteil, der auch das besondere Bildungsstreben der Wittlicher Juden belegt. Joseph Feiner hatte offenbar schon in jungen Jahren ein klares Berufsziel: Er wollte Lehrer werden.

Im Jahr 1878 zieht der 15jährige Joseph nach Münster, lernt zunächst zwei Jahre in der Vorbereitungsschule des dortigen Lehrerseminars und beginnt anschließend am renommierten „Marks-Haindorfschen“-Seminar seine Ausbildung zum jüdischen Volksschullehrer. Diese Lehrerbildungsanstalt genoss seit ihrer Gründung 1825 ein besonderes Ansehen für Westfalen und die Rheinprovinz. Gemäß des Willens des Stifters Alexander Haindorf (1782-1862) sollten jüdische Lehrer im Sinne der religiös-liberalen Reformbewegung ausgebildet und die Emanzipation der Juden durch ein bewusst gefördertes Durchdringen jüdischer und christlicher Kultur gefördert werden. In diesem Sinne würdigte der Seminar-Leiter zum 75jährigen Stiftungsfest die bisherigen Leistungen des Seminars: „Und wenn die Juden unserer Provinz an opferwilligem Eintreten für das Vaterland, an treuer Hingabe für Kaiser und Reich sich von NIEMAND beschämen lassen, so darf sich die Anstalt auch das ein wenig zum Verdienste anrechnen.“ Bis zur Auflösung 1926 hatten etwa 430 jüdische Lehrer ihre Ausbildung in Münster absolviert.


Franz-Josef Schmit, Erstveröffentlichung in: Der Säubrenner 2011, S. 80 – 85.

Fotos: Franz-Josef Schmit

Lit.:
Biografie von F. J. Schmit:
Joseph Feiner - Ein jüdischer Lehrer aus Wittlich. Stationen eines bewegten Lehrerlebens. Trier 2011. (Bd. 13 der Schriftenreihe des Emil-Frank-Instituts. Hrsg. von Reinhold Bohlen).